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Tipps aus der Chinesischen Ernährungstherapie bei Erkältungskrankheiten und zur Stärkung des Immunsystems

Charlotte Sachter, Hamburg

Da ist er wieder, der stürmische Herbst und der frostige Winter. Schals, Handschuhe und dicke Mütze reichen manchmal nicht, um sich durch und durch warm zu fühlen.

Solange ein wunderbarer Winterspaziergang die Wangen rot färbt, lässt sich die Kälte genießen. Das quicklebendige Lebensgefühl, von der kalten Luft in die Wärme zu kommen und langsam „aufzutauen“ ist unvergleichlich!


Nur „erwischt“ es uns auch das ein oder andere Mal „kalt von hinten“. Morgens war es noch warm und abends ist man ganz falsch angezogen oder in einen Regenschauer geraten, so dass eine Erkältung im Anzug ist. Jetzt ist glücklich, wer ein gutes Immunsystem hat und weiß, eine gute Suppe tut jetzt das ihre, von innen die nötig warme Energie dagegenzusetzen.

Gerade in diesem Jahr, wo wir uns so bedroht fühlen, will ja niemand riskieren, eine Erkältung zu bekommen. Schließlich ist die Unsicherheit, ob wir uns einen fiesen Virus eingefangen haben oder eine einfache Erkältung, beunruhigend, ja, eine heikle Sache.

Insofern liegt es nahe, die guten alten Hausrezepte der Kräftigung und des Durchwärmens herauszuholen. Omas Kochbuch liefert gute Tipps für eine phantastische Hühnersuppe und weitere Hausrezepte wie einer „Fliederbeersuppe“, Eintöpfe oder lang im Ofen Gegartes. Denn vor 50 Jahren war es noch ratsam, viel über die Wirkung von Gekochtem zu wissen. Wir haben heute zwar ein sehr viel besseres Wohnklima, aber die Kultur des Essens ist uns ein wenig abhandengekommen. Wo der schnelle Imbiss beim Bäcker, der Kaffee „to go“ sich mit der Lieferpizza am Abend kombiniert, da ist man in unserem heutigen Großstadtleben angekommen. Dass Essen stets ein Thema ist und viele sich nach einem guten Bauchgefühl sehnen, zeigen die vielen, vielen Zeitschriften, Blogs und Kochshows. Und so sind wir mitten im Thema.

Ernährungswissen der Traditionellen Chinesischen Medizin

Die Traditionelle Chinesische Medizin hat viel dazu zu sagen. Sie beleuchtet das „Wieso, weshalb, warum“ auf pragmatisch einfache Weise. Dieses Wissen ist für jeden da! Deshalb nehme ich Sie auf einen kleinen Ausflug mit über die Wirkung von Geschmäckern, der Temperatur und der Fähigkeit, die ein jedes Lebensmittel mitbringt und dem Körper zur Verfügung stellt.

Wir können auf unserer Zunge 5 Geschmacksrichtungen differenzieren, aber sehr, sehr viele Nuancen und Aromen wahrnehmen. Hierzu hilft unser Geruchssinn. Er kann eine Billion Gerüche unterscheiden. Wir alle kennen das; wenn der Schnupfen die Nase verstopft, bleibt der Appetit weg, weil der Schleim es unmöglich macht, das Essen zu riechen und zu schmecken. Salz muss her, um den Schleim zu verflüssigen. Und genau das ist die Wirkung, die die TCM dem salzigen Geschmack zuordnet.

In den Klassikern der TCM heißt es: „Die fünf Geschmacksrichtungen besitzen für die fünf Organe (Herz, Lunge, Leber, Nieren, Milz) tonisierende, sedierende oder harmonisierende Wirkungen[1].“ Das heißt, wir können mit diesen Geschmackrichtungen direkt unsere inneren Organe erreichen und damit bei Dysbalancen unserem Wohlbefinden eine stabile Grundlage geben. Das Schöne ist, wir können, womöglich mit ein bisschen Übung, diese Dinge spüren. Wenn Sie jetzt die Augen schließen und sich an das Gefühl erinnern, eine Hühnersuppe gegessen zu haben, wie geht es Ihnen dann? Können Sie eventuell die Wärme spüren, die durch den Körper geht? Das Gefühl von Stärke, das förmlich in Sie hineinfließt? Die Entspannung, die eintritt, wenn ein Essen wirklich befriedigt und alle Zellen „Ja“ schreien?

Eine kleine Tabelle: Die fünf Geschmacksrichtungen und ihre Wirkungen

Für einen schnellen Überblick, in welche Richtung ein Lebensmittel einzuordnen ist, sind die Lebensmittelgruppen gut zu differenzieren. Getreide ist überwiegend süß und kann damit entspannen, Energie aufbauen und die „Mitte“ stärken. Auch Nüsse und Samen gehören in die süße Kategorie, haben allerdings auf den Körper eine mehr „stützende“ und „befeuchtende“ Wirkung. Das heißt, zu viel von Samen und Nüssen kann zu einer Gewichtszunahme führen. Das Maß ist die eigene Hand, ein flacher Handteller voll ist die passende Dosis.

Obst ist überwiegend sauer und süß und kann damit „halten“ und „Flüssigkeiten produzieren“. Obst steht somit mit unserem inneren Säftehaushalt in Verbindung. Hülsenfrüchte schmecken eher fad als süß. Dieser fade Geschmack hat eine besondere Wirkung auf den Körper, nämlich überflüssige „Feuchtigkeit“ aus dem Körper ausleiten. Nicht nur ein Schnupfen hat mit Feuchtigkeit zu tun, auch die Pfunde zu viel auf der Waage werden in der TCM als „Feuchtigkeit oder Schleim“ bezeichnet. Also nicht zu vergessen, die kleinen Bohnen, um den Körper „klar“ in seiner Form zu halten.

Fleisch ist in seiner Einteilung schon weiter gefächert, überwiegend süß, Wild und Innereien auch bitter. Seine Wirkung wird als „mehrend“ beschrieben, also den Körper aufbauend. Es sei erwähnt, dass in China (siehe China Study[2] ) durchschnittlich ca. 100-150 g Fleisch pro Woche pro Person gegessen wurde. Auch Fisch hat eine süße Geschmackskraft, wirkt wie die Hülsenfrüchte die „Mitte“ stärkend, aufbauend und gleichzeitig diuretisch.

Das Gemüse macht den Teller bunt, es ergänzt ein Gericht mit Farbe und verschiedenen Geschmäckern. Scharf, bitter, salzig, selten sauer, aber auch hier natürlich überwiegend süß. Besonders zu empfehlen sind die heimischen scharfen Gemüse der Zwiebel- und Lauchfamilie sowie der Rettiche, der schärfste davon der Meerrettich. Die bitteren Vertreter sind unsere Salate. Sie vereinen den bitteren Geschmack, der verdauungsfördernd ist, mit einer thermischen Kühle.

Eine noch breitere und betonte Schärfenoten haben die Gewürze. Hier finden sich viele bitter- und scharf-erwärmenden Samen, Körner und Wurzeln, die unserem Essen die richtige Tendenz nicht nur in geschmacklicher, sondern auch in therapeutischer Hinsicht verleihen.

Rezepte für Wärme und Wohlgefühl

Hier sind zwei Rezepte für Sie, die die Grundenergie stärken, Energie aufbauen und Sie bis in den letzten Winkel Ihres Körpers mit Wärme und Wohlgefühl versorgen.

Kraftsuppen, das wissen wir alle, halten Leib und Seele zusammen. Wir haben darin selbst eine große Tradition. Vegane, wärmende Suppenrezepte gibt es schon weniger, deshalb heute eine vegane Kraftsuppe und eine Reissuppe, genannt Congee [Kondschii]. Ein Congee ist ein typisches „chinesisches Heilessen“, bei dem es sich um einen Reisbrei oder Reissuppe als Grundlage handelt. Der Reisbrei selbst ist der „Bodenbereiter“, er öffnet den Magen und stabilisiert die „Mitte“. Alle weiteren Zutaten geben die medizinische Richtung an, ob kühlend, wärmend, ob die Nieren stärkend oder die Energie dynamisierend. Probieren Sie es selbst. Guten Appetit!

Rezept vegane Kraftsuppe

Vorbereitungszeit: ca. 20 Min, Kochzeit: 2-4 Stunden | einfach | Aufwand +

Suppengemüse nach Angebot möglichst vom Biomarkt:
Bei der Menge nach eigenen Vorlieben und nach Größe des Gemüses gewichten
2 Zwiebeln
3 Möhren
1 Petersilienwurzel
1 Pastinake
1-2 Stangen Lauch
Sellerie

Kräuter + Gewürze:
1-2 Salbeistängel (wenn vorrätig)
1-2 Rosmarinzweige
2 Lorbeerblätter
5 Wacholderbeeren
3 Pimentkörner
1 TL Fenchelsamen (oder die Klassikermischung Anis/Fenchel/Kümmel)
Olivenöl zum Anbraten

Außergewöhnliche Zutaten:
1 Handvoll schwarze oder rote Bohnen
1 Handvoll Hafer
2 Walnüsse ganz, mit Schale

Bei echter Erkältung, solange Frieren und klare Schleimabsonderung im Vordergrund stehen, sind kurzfristig zu empfehlen:

1 Zimtstange oder Oregano und Thymian – alle drei Zutaten heizen ordentlich ein. Stark wärmende Kräuter wie Zimt, Ingwer, Knoblauch, Thymian oder Oregano sollen nicht täglich eingesetzt werden. Sie erhitzen den Magen und können zu Zahnfleischbluten oder zu einem „trockenen Magen“ führen.

Wer keine Kräuter vorrätig zuhause hat, kann sich auch eine Kräutermischung holen. Es eignen sich ‚Kräuter der Provence‘ oder ein ‚Bouquet garni‘ (rund gebundener, getrockneter Kräuterstrauß).
 

Zubereitung:
Gemüse waschen und in grobe Stücke schneiden
Zwiebel nur halbieren und mit Schale im Topf mit 2-3 EL Olivenöl bräunen.
Gemüse dazugeben, Kräuter mit hineingeben, alles nochmals kurz im Olivenöl schwenken.

Die Bohnen, die Walnüsse und den Hafer dazugeben. Mit Wasser auffüllen und abgedeckt 2-4 Stunden köcheln lassen. Das Gemüse und die Kräuter sind nun ausgekocht. Die Suppe durch ein Sieb abgießen. Sie können die Suppe in heiße Gläser abfüllen, mit Deckel gut verschrauben, kurz auf den Kopf stellen und dann wieder drehen. Im Anschluss abkühlen lassen, damit sich ein Vakuum im Glas bildet. Die Suppen-Portionen im Kühlschrank sollten jetzt über ca. 3-4 Wochen haltbar sein.

Mit dieser Zubereitung können Sie einer beginnenden Erkältung Paroli bieten:
 

In einer Pfanne feingehackte Zwiebel, Knoblauch und fein geschnittene Shiitakepilze anbraten. Mit der klaren Suppe ablöschen, mit Sojasoße abschmecken und – wenn Sie wollen – mit frischem Schnittlauch, mit Koriander oder mit Petersilie anrichten.

Eine ganz einfache Suppe, die im Alltag gut nebenher gekocht werden kann, da sie sich quasi von selbst kocht.

Congee

Das Grundrezept ist mehr als einfach und lässt sich nebenher machen.

1 Tasse Rundkornreis
4-6 Tassen Wasser
Bei 4 Tassen wird es ein Brei, bei 6 Tassen eine dicke Suppe
Wenn nur die Flüssigkeit verwendet werden soll, lässt sich der Wasseranteil beliebig erhöhen.

Zubereitung:

Den Reis gründlich waschen, um den Reisstaub zu entfernen.
Reis mit dem Wasser in einen Gusseisen- oder Tontopf geben und bei kleiner Flamme mindestens 40 Minuten bis zu 5 Stunden köcheln
Das Congee kann jederzeit wieder aufgewärmt werden. Eventuell dann noch etwas Wasser dazugeben.

Die „therapeutischen“ Zutaten bereiten Sie extra in einer Pfanne zu und reichen es dann zum Congee.

Bei Erkältung:
 

Congee mit Lauch, Fenchelsamen und Sojasoße
Die Zubereitung ist wie oben bei der Suppe: Mit etwas Olivenöl in der Pfanne die Lauchringe leicht bräunen, Fenchelsamen und Sojasoße dazu, 5 Minuten mit Deckel köcheln lassen.

Da man oft auch müde und erschöpft ist, passen auch folgende Kombinationen sehr gut:
 

Congee mit Shiitakepilzen, Champignons und Weinbeeren.
Wann immer Zwiebelgewächse im Rezept sind, diese mit Olivenöl leicht bräunen und die weiteren Zutaten dazugeben. Bei Pilzen sofort mit Suppe und mit Sojasoße ablöschen.

Wenn das Nasensekret sich gelblich färbt, Fieber sich einstellt, dann ist eine andere Kombination nötig. Hier sind folgende Zutaten zu empfehlen:
 

Congee mit Süßkartoffeln und Butter
Süßkartoffeln schälen, in passende Stücke schneiden und in wenig Wasser abgedeckt gar köcheln. Mit Butter und etwas Salz zum Congee reichen.

Und jetzt wünsche ich Ihnen Guten Appetit und bleiben Sie gesund!

Weitere verwendete Literatur:
Engelhardt/Hempen: Chinesische Diätetik
Leggett: Helping ourselves, A Guide to Traditional Chinese Food Energies

Buchempfehlungen:
Selbstheilung durch Ernährung
(Leggett, Daverick)
Kraftzeiten (Schneider, Karola Bettina)
Kraftsuppen & Essenzen - Heilen und genießen mit den fünf Elementen (Ruth Rieckmann | NutriTao Verlag Ruth Rieckmann, Bonn/ Deutschland)

Bildnachweise:
Charlotte Sachter

Quellen:
[1] Hoang Ti, Nei King, So Ouenn” (Dr. Nguyen Van Nghi; Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft mbH, 1977), S. 420
[2] China Study, Pflanzenbasierte Ernährung und ihre wissenschaftliche Begründung, Campbell, T. Colin und Campbell, Thomas M. (Verlag Systemische Medizin, 4. Überarbeitete und erweiterte Auflage, 2018)

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