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Wie gut helfen chinesische Arzneimittelrezepturen bei Schlafstörungen?

Dr. Anne Hardy, Frankfurt

Chinesische Arzneimittelrezepturen werden in China seit mehr als 2000 Jahren zur Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen eingesetzt. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Therapie mit Chinesischen Arzneimitteln auch in den westlichen Ländern verbreitet. Die Wirksamkeit der Rezepturen wird zunehmend in klinischen Studien, einschließlich randomisierter kontrollierter klinischer Studien (RCTs), erforscht. Zudem werden die pharmakologischen Wirkmechanismen der Kräuter bei der Behandlung von Schlafstörungen untersucht.

Eine 2021 publizierte Meta-Analyse der „Changchun University of Chinese Medicine“ basiert auf einer Recherche in internationalen Datenbanken, darunter PubMed, EmBase, Cochrane Library und China National Knowledge Infrastructure. Berücksichtigt wurden bis Juli 2018 erschienene Studien zur Therapie von Schlafstörungen mit Chinesischen Arzneimitteln. 15 RCTs mit insgesamt 1.500 Patient:innen wurden in die Metaanalyse eingeschlossen. Alle teilnehmenden Patient:innen litten an primärer Insomnie, das heißt, ihre Schlafstörungen waren nicht durch eine Erkrankung verursacht. Die Wirksamkeit der Therapie evaluierten die Patient:innen mithilfe standardisierter Fragebögen.[1] 

Der „Pittsburgh sleep quality index“ (PSQI) erfasst die subjektive Schlafqualität, die Schlaflatenz (d. h. die Zeit bis zum Einschlafen), die Schlafdauer, die Schlafeffizienz, Schlafstörungen, die Einnahme von Schlafmitteln und Störungen des Tagesablaufs. Die Schlafeffizienz ist definiert als Quotient aus der geschlafenen Zeit und der im Bett verbrachten Zeit. Er wird in Prozent angegeben. Der Fragebogen besteht aus sieben Fragen, die man mit ein bis drei Punkten bewerten kann, wobei eine niedrigere Punktzahl einen besseren Schlaf bedeutet. Auf der PSQI ging die Punktzahl in der Interventionsgruppe um durchschnittlich 2,36 Punkte gegenüber der Placebo-Gruppe zurück (die Verbesserung rangierte zwischen −4.02 und −0.70 Punkten). Die Patient:innen konnten deutlich schneller einschlafen (durchschnittliche Verbesserung um – 11,54 Punkte, gesamter Bereich −20.55 bis −2.54 Punkte).

Andere Studien legten den „Athens insomnia scale“ (AIS) zugrunde, der ebenfalls auf einer Drei-Punkte-Skala acht verschiedene Aspekte von Schlafstörungen abfragt: Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen, Zeitpunkt des letzten Erwachens, die Schlafdauer und -qualität. Zusätzlich wird nach dem Wohlbefinden tagsüber gefragt, dem Grad an Schläfrigkeit und der Fähigkeit, tagsüber zu funktionieren. Bezogen auf die AIS war die Verbesserung durch Therapie mit Chinesischen Arzneimitteln etwas geringer (−0.59 Punkte; Bereich −0.97 bis −0.22 Punkte). Im Mittel schliefen die Betroffenen in der Interventionsgruppe länger als in der Placebogruppe und hatten eine höhere Schlafeffizienz. Das heißt, sie verbrachten weniger Zeit damit, schlaflos im Bett zu liegen.

Xioaojia Ni und Kollegen vom Guangdong Provincial Hospital of Chinese Medicine verglichen 2015 in einer Metaanalyse 76 RCTs, in denen Chinesische Arzneimittel (CAM) gegen Placebo und Benzodiazepine getestet wurden.[2]  Sie fanden heraus, dass chinesische Arzneimittel nicht nur gegenüber Placebo effektiver ist, sondern auch im Vergleich zu Benzodiazepinen. Auf der PSQI-Skala verbesserte sich der Schlaf um minus 3,06 Punkte für chinesische Arzneimittel und minus 1,94 Punkte für Benzodiazepine. Die überlegene Wirkung der Chinesischen Arzneimittel zeigte sich auch, als die Kombinationen Chinesische Arzneimittel plus Benzodiazepin gegen Placebo plus Benzodiazepin getestet wurden. Zusammenfassend bewerten die Autoren Chinesische Arzneimittel als Monotherapie oder als Ergänzung zu konventionellen Therapien als eine sichere Option, den subjektiven Schlaf von Menschen mit Schlafstörungen zu verbessern.

Wie reproduzierbar die Verschreibung individueller Arzneimittelrezepturen aufgrund einer TCM-Diagnose ist, untersuchten Neurologen der Cheng Du University of Chinese Medicine zusammen mit Informatikern der Chongqing University. Sie dokumentierten verschiedene diagnostische Methoden, die darauf basierenden Diagnosen und die verordneten Rezepturen von vier erfahrenen TCM-Ärzten für 654 Patient:innen mit Schlafstörungen. Nachdem die Daten mit Verfahren des Maschinenlernens erfasst und das System trainiert worden war, konnte es die Rezepturen aufgrund der Diagnose mit 85 Prozent Wahrscheinlichkeit vorhersagen.[3] Diese macht zwar keine Aussage über die Wirksamkeit Chinesischen Arzneimittelrezepturen bei Schlafstörungen, aber sie belegt, dass es sich um ein in sich logisch aufgebautes System handelt.

Häufigste Kräuterkombinationen bei Schlafstörungen [4]

In einer chinesischen Studie an 654 Patient:innen mit Schlafstörungen wurden die folgenden Kräuterkombinationen am häufigsten verwendet. Kombinationen mehrerer Gruppen in einer Rezeptur sind möglich.

Kombination 1 (573x verordnet): Qi und Blut stärken, Blut bewegen und kühlen, Shen beruhigen

Kombination 2 (312 x verordnet) Schlafstörung durch Stress, Gedankenkreisen, Depressionen, verankert alle drei Yang-Schichten

Kombination 3 (190x verordnet) als Ergänzung zu anderen Rezepturen zur Stärkung von Milz-Qi und Blut

Kombination 4 (108x verordnet) Schlafstörung durch zu viel und zu spätes Essen, Alkohol; Hitze im Yang Ming

Kombination 5 (108x verordnet) Ergänzende Substanzen zur Harmonisierung von Leber und Milz

Referenzen:
[1] Tang Y, Li Z, Yang D, Fang Y, Gao S, Liang S, Liu T. Research of insomnia on traditional Chinese medicine diagnosis and treatment based on machine learning. Chin Med. 2021 Jan 6;16(1):2. doi: 10.1186/s13020-020-00409-8. PMID: 33407711; PMCID: PMC7789502.

[2] Ni X, Shergis JL, Guo X, Zhang AL, Li Y, Lu C, Xue CC. Updated clinical evidence of Chinese herbal medicine for insomnia: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Sleep Med. 2015 Dec;16(12):1462-81. doi: 10.1016/j.sleep.2015.08.012. Epub 2015 Sep 5. PMID: 26611943.

[3] Tang Y, Li Z, Yang D, Fang Y, Gao S, Liang S, Liu T. Research of insomnia on traditional Chinese medicine diagnosis and treatment based on machine learning. Chin Med. 2021 Jan 6;16(1):2. doi: 10.1186/s13020-020-00409-8. PMID: 33407711; PMCID: PMC7789502.

[4] Daten aus der Studie in Fußnote 3

Bildnachweise:
Depositphotos/AGTCM

Dr. Anne Hardy

Dr. Anne Hardy

Heilpraktikerin
Erweiterter Vorstand Medizinische Wissenschaft
Schifferstr. 59
60594 Frankfurt
hardy(at)agtcm.de
https://www.akupunktur-hardy.de

Dr. phil. Anne Hardy betreut im erweiterten Vorstand der AGTCM den Bereich „Medizinische Wissenschaft“. Die studierte Physikerin und promovierte Medizinhistorikerin arbeitete als freie Journalistin, bevor sie zur Chinesischen Medizin fand. In ihrer Praxis in Frankfurt am Main behandelt sie vor allem gynäkologische Beschwerden und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

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