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Meta-Analyse: Tuina nach Schlaganfall verbessert Muskelfunktion

Dr. Anne Hardy, Frankfurt

Physiotherapie ist die am häufigsten eingesetzte passive physikalische Therapie nach einem Schlaganfall. Verbessert sich das Ergebnis, wenn die Patient:innen zusätzlich Tuina-Massage oder andere traditionelle Massageformen erhalten? Das haben spanische Forscher:innen in einer Metaanalyse von 18 klinischen Studien untersucht. Das Ergebnis: Insbesondere Tuina verbessert die motorische Funktion und reduziert die Spastizität der Muskeln.

Der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für dauerhafte körperliche Behinderung bei Erwachsenen. Bis zu 50 Prozent der Betroffenen behalten Schäden zurück; hauptsächlich Lähmungen und Spastik der oberen und unteren Gliedmaßen. Manuelle Massage wird angewendet, um die Temperatur und die Blutzufuhr in den Muskeln zu erhöhen und damit deren Funktion zu verbessern sowie der weiteren Versteifung vorzubeugen.

Nach einer Recherche in neun Datenbanken, die nach Studien zu therapeutischer Massage im Zeitraum zwischen 1961 und 2020 suchte, schlossen die Autor:innen 18 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt 1989 Patient:innen ein (2/3 davon männlich). Das mittlere Alter betrug 60 Jahre (Spanne von 32 bis 86 Jahre). Die Studien verglichen die therapeutische Massage entweder mit keiner Behandlung, einer Scheinbehandlung oder einer aktiven Behandlung. Als „therapeutische Massage“ definierten die Autor:innen eine "strukturierte und zielgerichtete Weichteilmanipulation mit dem Ziel einer therapeutischen Veränderung, die durch den Einsatz von Fingern, Händen, Unterarmen, Ellenbogen, Knien und/oder Füßen, mit oder ohne Verwendung von Einreibungen, Wärme und Kälte von statten geht".[1]

Tests für schlaffe und steife Muskeln

Die Effektivität der verschiedenen Massagetechniken wurde ermittelt, indem die Differenz zwischen der Baseline (Zustand vor der ersten Behandlung) und direkt nach der Behandlung verglichen wurde. Als Maß für die Nachhaltigkeit der Behandlung diente der Unterschied zwischen der Baseline und der Follow-up-Untersuchung einige Zeit nach der Behandlung. Die Unterschiede wurden als klein (0,2), mittel (0,5), groß (0,8) und sehr groß (1,3) eingestuft. Gemessene Effekte waren die Motorfunktion und die Spastizität. 10 Studien verwendeten zur Messung der Motorfunktion das Fugl-Meyer Assessment[2], eine standardisierte Methode zur Bewertung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei Halbseitenlähmung nach Schlaganfall. Alle Studien evaluierten die Spastizität mithilfe der modifizierten Ashworth-Skala, die auf der Beobachtung Ellenbogenmuskelflexion basiert. Die Einteilung geht von 0 (keine erhöhte Muskelspannung) bis 4 (Muskel steif bei Flexion und Extension).[3]

In den meisten Studien wurden die Patient:innen in der subakuten Schlaganfallphase (≤3 Monate) behandelt, in vier Studien war es eine Mischung von Patient:innen in der chronischen und subakuten Phase. Drei Autoren gaben nicht an, welche Phase sie behandelten. In nur vier Studien gab es nach drei Monaten eine Nachbeobachtung. Je eine Studie hatte ein Follow-up nach sechs Monaten bzw. nach drei Tagen.

Tuina plus Physiotherapie oder Akupunktur

Insgesamt zwölf von 18 RCTs untersuchten Tuina-Massage, sechs davon in Kombination mit Physiotherapie, drei kombinierten Tuina mit Akupunktur, zwei kombinierten mit Physiotherapie und Akupunktur, und eine untersuchte Tuina plus Kräutertherapie. In den anderen Studien wurde Dalk Massage, Thai Massage, Schwedische Massage (plus Physiotherapie und Fußbad) sowie „Slow-Stroke“ Rückenmassage angewandt. Die Zahl der Massagen variierte zwischen sieben und 40. Üblicherweise wurden die Patient:innen täglich massiert. Die Studiendauer erstreckte sich über einen Zeitraum von einer Woche bis zu acht Wochen und die Massagezeit variierte zwischen den Studien von 10 bis 60 Minuten.

Ausgewertet wurden zwei Gruppen von Studien:

1) Tuina plus Physiotherapie gegenüber Physiotherapie allein und

2) Tuina plus Akupunktur versus Physiotherapie.

Untersucht wurde die Veränderung der Motorfunktion, der Spastizität sowie der Pflegebedürftigkeit (gemessen mit dem Barthel-Index).

Nachhaltig verbesserte Muskelfunktion

Die Motorfunktion verbesserte sich in der Interventionsgruppe um 1,74 im Fugl-Meyer Assessment (also ein sehr großer Effekt verglichen mit der Gruppe, die nur Physiotherapie erhalten hatte). Beim Follow-up war der Wert auf 2,9 gestiegen. Die Spastizität der oberen Gliedmaßen reduzierte sich in der Gruppe Tuina plus Physiotherapie um 0,14 Punkte auf der modifizierten Ashworth Skala mehr als in der Kontrollgruppe (nur Physiotherapie). Bei der Nachbeobachtung war dieser Wert auf 0,32 gestiegen. Die Ergebnisse zur Pflegebedürftigkeit waren nicht eindeutig.

Die Autor:innen folgern, dass Tuina-Behandlungen zusammen mit Physiotherapie in der subakuten Phase die Motorfunktion verbessern und Spastizität der Muskeln verringern können. Ähnliche Resultate lassen sich durch die Kombination von Tuina mit Akupunktur erzielen.

Die Ergebnisse in Bezug auf die Pflegebedürftigkeit, den Gang, das Gleichgewicht, die Lebensqualität und die Schwere des Schlaganfalls waren nicht eindeutig. Die Tendenz ist jedoch positiv, wenn Tuina zusätzlich zur konventionellen Therapie oder Akupunktur eingesetzt wird.

Weiterhin konnten die Autor:innen den bereits bekannten Effekt bestätigen, dass Massagen bei Schlaganfallpatienten, die häufig unter Angstzuständen leiden, einen entspannenden und beruhigenden Effekt haben.
 

Vorabveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Qi (erscheint in Ausgabe 1/2023).

Referenzen:

[1] Cabanas-Valdés R, Calvo-Sanz J, Serra-Llobet P, Alcoba-Kait J, González-Rueda V, Rodríguez-Rubio PR. The Effectiveness of Massage Therapy for Improving Sequelae in Post-Stroke Survivors. A Systematic Review and Meta-Analysis. Int J Environ Res Public Health. 2021 Apr 21;18(9):4424. doi: 10.3390/ijerph18094424. PMID: 33919371; PMCID: PMC8122530.

[2]  Sullivan KJ, Tilson JK, Cen SY, Rose DK, Hershberg J, Correa A, Gallichio J, McLeod M, Moore C, Wu SS, Duncan PW. Fugl-Meyer assessment of sensorimotor function after stroke: standardized training procedure for clinical practice and clinical trials. Stroke. 2011 Feb;42(2):427-32. doi: 10.1161/STROKEAHA.110.592766. Epub 2010 Dec 16. PMID: 21164120.

[3]  Richard W. Bohannon, Melissa B. Smith, Interrater Reliability of a Modified Ashworth Scale of Muscle Spasticity, Physical Therapy, Volume 67, Issue 2, 1 February 1987, Pages 206–207, https://doi.org/10.1093/ptj/67.2.206

Bildnachweise:
Depositphotos/AGTCM

Dr. Anne Hardy

Dr. Anne Hardy

Heilpraktikerin
Erweiterter Vorstand Medizinische Wissenschaft
Schifferstr. 59
60594 Frankfurt
hardy(at)agtcm.de
https://www.akupunktur-hardy.de

Dr. phil. Anne Hardy betreut im erweiterten Vorstand der AGTCM den Bereich „Medizinische Wissenschaft“. Die studierte Physikerin und promovierte Medizinhistorikerin arbeitete als freie Journalistin, bevor sie zur Chinesischen Medizin fand. In ihrer Praxis in Frankfurt am Main behandelt sie vor allem gynäkologische Beschwerden und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

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