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Krebsschmerzen: Besser durch Akupunktur und Akupressur

Dr. Anne Hardy, Frankfurt

Akupunktur und Akupressur können Krebsschmerzen signifikant lindern und den Gebrauch von Schmerzmitteln reduzieren. Das ist das Ergebnis einer Meta-Analyse von 14 randomisierten und kontrollierten Studien (RCT). Die Autoren, eine chinesische Forschergruppe, stufen die Evidenz als moderat ein.

70 Prozent der Krebspatient:innen leiden unter Schmerzen. Aber nur bei der Hälfte der Betroffenen kann der Schmerz durch Therapien der westlichen Medizin kontrolliert werden. Ein häufiges und ernsthaftes Problem der Therapie mit Schmerzmitteln sind Abhängigkeit und unerwünschte Nebenwirkungen.

Führende onkologische Organisationen wie die American Society for Clinical Oncology und das National Comprehensive Cancer Network empfehlen deshalb in der Schmerztherapie auch nicht-pharmakologische Interventionen wie Akupunktur.

Entsprechend ist in den vergangenen Jahren zunehmend erforscht worden, ob Akupunktur und Akupressur Krebsschmerzen lindern können. Doch bisher waren die Studienergebnisse widersprüchlich. Deshalb hat die chinesische Gruppe systematisch nach Studien in drei englischsprachigen und vier chinesischen Datenbanken gesucht. Sie wählten insgesamt 14 RCTs (randomized controlled trials) mit insgesamt 920 Patient:innen für ihre Meta-Analyse aus.[1]

Die Studien verglichen Akupunktur und Akupressur mit Schein-Akupunktur (Sham Akupunktur), Schmerzmitteltherapie oder anderen Standardtherapien für Krebsschmerzen. Endpunkt der Studien war die Einschätzung der Schmerzintensität durch die Patient:innen mithilfe standardisierter Fragebögen (Brief Pain Inventory, Numerical Rating Scale, Visual Analog Scale oder Verbal Rating Scale).

Sieben Sham-kontrollierte Studien (35 Prozent) wurden als qualitativ hochwertig eingeschätzt. Sie zeigten, dass Verum-Akupunktur die Schmerzen im Vergleich zur Sham-Akupunktur stärker reduzieren kann. Im Mittel betrug der Unterschied zwischen beiden Gruppen 1,38 Punkte auf der Schmerzskala. Die Unterschiede variierten zwischen 2,13 und 0,64 Punkten.

Andere Studien konnten einen günstigen Einfluss sehen, wenn Akupunktur und Akupressur mit Schmerzmitteltherapie verglichen wurden. In sechs RCTs reduzierte sich die Schmerzintensität in der Akupunktur/Akupressur-Gruppe im Mittel um 1,44 Punkte mehr als in der Schmerzmittel-Gruppe (Schwankungsbreite 1,98 bis 0,89 Punkte). Die höchste Schmerzreduktion wurde in den beiden Studien erzielt, in denen die Patient:innen Ohrakupunktur erhielten.

In zwei RCTs wurde untersucht, wie stark die Opioid-Gaben reduziert werden können, wenn Patient:innen zusätzlich Akupunktur/Akupressur erhalten. Die Reduktion entsprach im Mittel 30 mg der täglichen morphin-äquivalenten Dosis. Die Schwankungsbreite lag zwischen -37,5 mg und 22,5 mg.

Die chinesischen Forscher bewerten den Evidenzgrad dafür, dass Krebsschmerzen durch Akupunktur und/oder Akupressur abnehmen, als moderat, weil es zwischen den Studienergebnissen erhebliche Unterschiede gab. Das sieht man an der Schwankungsbreite der Studienergebnisse bei der Bewertung der Schmerzreduktion. Die Autoren der Meta-Analyse fordern deshalb noch gründlichere Studien, in denen die Schmerzreduktion auch nach spezifischen Arten von Krebsschmerzen aufgeschlüsselt werden, etwa Neuropathien oder Schmerzen durch Knochenmetastasen.

Abschließend empfehlen die Autoren, Akupunktur und Akupressur in die klinische Praxis zu integrieren, um den Gebrauch von Opiaten zu reduzieren und die damit verbundenen Nebenwirkungen zu vermeiden. Sie schlagen vor, Krebszentren sollten künftig auch Akupunkturbehandlungen anbieten. Ein Hemmnis sei, dass Akupunktur nicht von der Krankenkasse erstattet wird. Laut einer Umfrage in China aus dem Jahr 2019 würden sich 47,9 Prozent der Krebspatient:innen mit Akupunktur behandeln lassen, wenn die Kosten von der Krankenkasse erstattet würden.[2]

Referenzen:
[1] Yihan He, PhD; Xinfeng Guo, PhD; Brian H. May, PhD; Anthony Lin Zhang, PhD; Yihong Liu, MM; Chuanjian Lu, MD; Jun J. Mao, MD; Charlie Changli Xue, PhD; Haibo Zhang, MD: Clinical Evidence for Association of Acupuncture and Acupressure With Improved Cancer Pain A Systematic Review and Meta-Analysis, in: JAMA Oncol. 2020;6(2):271-278. doi:10.1001/jamaoncol.2019.5233.

[2] Liou KT, Hung TKW, Meghani SH, et al. What if acupuncture were covered by insurance for pain management? a cross-sectional study of cancer patients at one academic center and 11 community hospitals. Pain Med. 2019;20(10):2060-2068. doi:10.1093/pm/pnz087

Bildnachweise:
Depositphotos/AGTCM

Dr. Anne Hardy

Dr. Anne Hardy

Heilpraktikerin
Erweiterter Vorstand Medizinische Wissenschaft
Schifferstr. 59
60594 Frankfurt
hardy(at)agtcm.de
https://www.akupunktur-hardy.de

Dr. phil. Anne Hardy betreut im erweiterten Vorstand der AGTCM den Bereich „Medizinische Wissenschaft“. Die studierte Physikerin und promovierte Medizinhistorikerin arbeitete als freie Journalistin, bevor sie zur Chinesischen Medizin fand. In ihrer Praxis in Frankfurt am Main behandelt sie vor allem gynäkologische Beschwerden und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

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