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Helfen Akupunktur und Kräuter bei Endometriose?

Ein Überblick über aktuelle Studien

Dr. Anne Hardy, Frankfurt

Akupunktur zur Behandlung von Endometriose-Schmerzen ist inzwischen zu einem anerkannten Bestandteil der integrativen Medizin geworden. In der 2020 von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie veröffentlichten S2-Leitlinie wird für die Behandlung mit Akupunktur, Elektroakupunktur und Moxibustion eine „Kann“-Empfehlung[1] ausgesprochen. Das bedeutet, dass sie in kontrollierten klinischen Studien gleich gut abschnitt wie Placebo oder Standard Care. Wörtlich heißt es:

Manuelle Akupunktur, Moxibustion und Elektroakupunktur führten zu einer Verbesserung von Gesamtschmerz-Index, Pelvic Pain-Index, Dyschezie [Schwierigkeiten bei der Stuhlentleerung], Dysmenorrhoe.“[2] 

Herausragende Stellung der Akupunktur

Eine Meta-Analyse brasilianischer Wissenschaftler:innen untersuchte 2018 die schmerzlindernde Wirkung verschiedener komplementärmedizinischer Therapien auf Endometriose-Schmerzen: Akupunktur, Bewegung, Elektrotherapie und Yoga. Nach einer Recherche in mehreren Datenbanken wurden zwei Meta-Analysen ausgewählt. Einzig bei der Akupunktur konnte eine signifikante Schmerzlinderung gegenüber Placebo nachgewiesen werden. Den anderen Therapien wurde ein „positiver Trend bei der Behandlung von Endometriose-Symptomen“ bescheinigt. Aber die Autor:innen kamen nicht zu einer schlüssigen Bewertung.[3] 

2017 publizierte eine chinesische Gruppe von der Tianjin Academy of Integrative Medicine eine Meta-Analyse zur Wirksamkeit von Akupunktur bei Endometriose-bedingten Schmerzen. 10 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 589 Patientinnen wurden eingeschlossen. Die Kontrollgruppen waren entweder mit Sham-Akupunktur, westlicher Medizin oder mit chinesischer Arzneimitteltherapie behandelt.

Untersucht wurden Veränderungen der Schmerzintensität, des CA-125-Spiegels im peripheren Blut und die klinische Wirksamkeitsrate. Das Krebsantigen CA-125 ist ein Marker für Eierstockkrebs. Auch bei Endometriose-Patientinnen ist dieser Wert im Blut erhöht und steigt bei fortschreitender Erkrankung. Die klinische Effektivitätsrate wurde zum einen aus der subjektiven Bewertung der Patientinnen und zum anderen anhand der Behandlungsstandards einer kombinierten traditionell chinesischen und westlichen Endometriosetherapie ermittelt.[4] 

Schmerz und Marker im Blut nehmen ab

Die Patientinnen wurden gebeten, den Schmerz im Unterleib außerhalb der Menstruation und bei Geschlechtsverkehr auf der „Endometriosis Symptom Severity Scale“[5] vor und nach der Intervention zu bewerten. Auf einer Punkte-Skala von eins bis zehn war die Schmerzreduktion in der Akupunktur-Gruppe durchschnittlich um 1,36 Punkte mehr gesunken als in der jeweiligen Kontrollgruppe (95% Konfidenzintervall (CI)). Die Akupunktur hatte im Vergleich zu den Kontrollgruppen eine positive Wirkung auf die CA-125-Werte im peripheren Blut (mittlere Differenz 5,9, 95% CI). Ebenso war die Wirkung der Akupunktur auf die klinische Effektivitätsrate im Vergleich zu den Kontrollgruppen positiv.

Die Autor:innen monieren allerdings, dass von den 10 einbezogenen Studien nur eine Pilotstudie eine Placebokontrolle verwendete und die Verblindung bewertete; in den übrigen Studien erhielt die Kontrollgruppe Medikamente oder Kräuter, so dass eine Verblindung nicht möglich war. Außerdem waren die Stichprobengrößen in allen Studien klein (acht bis 36 Patienten pro Arm), so dass weitere klinische Studien empfohlen werden.

Chinesische Arzneimittel bei Schmerz und eingeschränkter Fertilität

In China werden Frauen mit Endometriose routinemäßig mit Chinesischen Arzneimitteln (CAM) behandelt. Der Hintergrund ist, dass die Standardbehandlung mit westlicher Medizin – chirurgische Sanierung und Hormonbehandlung – mit Rezidiven und unangenehmen Nebenwirkungen verbunden sein kann. Mittlerweile gibt es immer mehr Studien zum Einsatz der CAM, um Endometriose-Schmerz zu lindern, die Fruchtbarkeit zu unterstützen und Rezidive zu verhindern.

2012 machten Andrew Flower und sein britisch-chinesisches Team von der Southampton University eine umfangreiche Recherche in sechs englischsprachigen und fünf chinesischen Datenbanken.[6]  Zwei chinesische RCTs mit insgesamt 158 Frauen wurden in die Untersuchung einbezogen. CAM wurde mit Hormonbehandlung verglichen. In Bezug auf die Symptomlinderung gab es keinen Unterschied zwischen CAM und Gestrinon, einem Steroid-Inhibitor, der nach einer laparoskopischen Operation verabreicht wurde (95,65 % Symptomlinderung mit CAM gegenüber 93,87% mit Gestrinon). Bei der Gesamtschwangerschaftsrate schnitt die CAM-Gruppe etwas besser ab (69,6 % versus 59,1 %).

Kombination mit Kräuter-Einlauf besser als Hormontherapie

In der zweiten Studie wurden CAM-Dekokte oral und zusätzlich rektal (als Kräutereinlauf) verabreicht. Das führte bei einem größeren Anteil der Frauen zu einer symptomatischen Linderung als eine Behandlung mit Danazol, einem anderen Steroid-Inhibitor. Insgesamt zeigten 100 Prozent der Frauen in beiden Gruppen eine Verbesserung ihrer Symptome bei Dysmenorrhoe. Bei den Frauen, die CAM oral und als Einlauf erhalten hatten, reduzierten sich die durchschnittlichen Schmerzwerte aber stärker als in der Gruppe, die mit Danazol behandelt worden war. Bei anderen, mit Endometriose assoziierten Schmerzen – lumbosakralen Schmerzen sowie Schmerzen beim Stuhlgang oder beim Geschlechtsverkehr – gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen CAM und Danazol.

Als Maß für den Erhalt der Fertilität wurde in der zweiten Studie die Entwicklung der Adnexen (Eierstöcke und Eileiter) verfolgt, die sich bei fortschreitender Endometriose zurückbilden können. In der CAM-Gruppe blieb mehr Eierstockgewebe erhalten als unter der Gabe von Danazol.

Mehr Wirkung – weniger Nebenwirkung

Die Autor:innen folgern aus den beiden Metastudien, dass die postoperative Verabreichung von CAM einen vergleichbaren Nutzen haben könnte wie Gestrinon, wobei CAM mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist. Oral verabreichte CAM könnten auch insgesamt wirkungsvoller sein als Danazol. In Verbindung mit einem CAM-Einlauf könnten sie Dysmenorrhoe besser lindern und beim Erhalt der Fertilität wirkungsvoller sein. Um die potenzielle Rolle von CAM bei der Behandlung von Endometriose genau beurteilen zu können, seien jedoch noch eingehendere Untersuchungen erforderlich.

Referenzen:

[1] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-045l_S2k_Diagnostik_Therapie_Endometriose_2020-09.pdf

[2] https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-045l_S2k_Diagnostik_Therapie_Endometriose_2020-09.pdf, S. 137.

[3] Mira TAA, Buen MM, Borges MG, Yela DA, Benetti-Pinto CL. Systematic review and meta-analysis of complementary treatments for women with symptomatic endometriosis. Int J Gynaecol Obstet. 2018 Oct;143(1):2-9. doi: 10.1002/ijgo.12576. Epub 2018 Jul 9. PMID: 29944729.

[4] Wang M, Yu Z, Qian Z. [The diagnosis and treatment standards for the treatment of Combine traditional Chinese and western medicine on Endometriosis]. Zhongguo Zhong Xi Yi Jie He Za Zhi. 1991; 11 (6): 376–379. Chinese.

[5] Miller JD. Quantification of endometriosis-associated pain and quality of life during the stimulatory phase of gonadotrophin-releasing hormone agonist therapy: A double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Am J Obstet Gynecol. 2000; 182 (6): 1483–1488. doi.org/10.1067/mob.2000. 106846 PMID: 10871469.

[6] Flower A, Liu JP, Lewith G, Little P, Li Q. Chinese herbal medicine for endometriosis. Cochrane Database Syst Rev. 2012 May 16;(5):CD006568. doi: 10.1002/14651858.CD006568.pub3. PMID: 22592712.

Bildnachweise:
Depositphotos/AGTCM

Dr. Anne Hardy

Dr. Anne Hardy

Heilpraktikerin
Erweiterter Vorstand Medizinische Wissenschaft
Schifferstr. 59
60594 Frankfurt
hardy(at)agtcm.de
https://www.akupunktur-hardy.de

Dr. phil. Anne Hardy betreut im erweiterten Vorstand der AGTCM den Bereich „Medizinische Wissenschaft“. Die studierte Physikerin und promovierte Medizinhistorikerin arbeitete als freie Journalistin, bevor sie zur Chinesischen Medizin fand. In ihrer Praxis in Frankfurt am Main behandelt sie vor allem gynäkologische Beschwerden und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

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