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Bei IVF hilft zusätzliche Akupunktur am besten vor dem Transfer

Dr. Anne Hardy, Frankfurt

Zwei neuere Meta-Analysen zur Begleitung von IVF (In-vitro-Fertilisation) mit Akupunktur [1, 2] zeigen, dass die Schwangerschaftsraten höher sind, wenn die Akupunktur hauptsächlich in der Zeit vor sowie am Tag des Embryotransfers (ET) stattfindet. Außerdem sollte für die Akupunktur am Tag des ET ein modifiziertes Paulus-Protokoll verwendet werden.

In ihrem Kommentar zu den beiden Meta-Analysen aus dem Jahr 2019 kommt Lee Hullender Rubin von der University of California in San Francisco zu den folgenden Schlüssen [3]:

1. Akupunktur im Vergleich zu keiner Behandlung während der IVF:

  • erhöht die klinische Schwangerschaftsrate (Clinical Pregnancy Rate CPR; ein frühes, durch Ultraschall bestätigtes Stadium) um 28 bis 32 Prozent.
  • Die Zahl der Schwangerschaften, die über die 12. Woche hinaus gehen (Ongoing Pregnancy Rate OPR), steigt um 42 Prozent.
  • Die Zahl der Lebendgeburten steigt um 30 Prozent.

2. Akupunktur half vor allem Frauen mit einer Vorgeschichte von niedrigen Schwangerschaftsraten und wiederholten IVF-Zyklen, schwanger zu werden und ihr Kind auszutragen. Hier erhöhte sich die klinische Schwangerschaftsrate (CPR) um 60 Prozent und die Zahl der Lebendgeburten um 42 Prozent. Das heißt: Akupunktur ist insbesondere in den schwierigen Fällen hilfreich.

3. Entscheidend für die verbesserten Schwangerschaftsraten waren:

  • Mehr Akupunkturbehandlungen vor dem ET (eine signifikante Verbesserung trat bei 9 bis 12 Behandlungen ein).
  • Wenn die Behandlungen nur vor und am Tag des ET stattfanden, erhöhte sich die CPR um 17 Prozent. Behandlungen, die später als eine Stunde nach ET stattfanden, erhöhte die CPR nicht.
  • Am Tag des ET wurde das modifizierte Paulus-Protokoll von Cridennda und Magarelli (s. Kasten) verwendet, weil Embryonen heute meist nicht mehr an Tag 3, sondern an Tag 5 eingesetzt werden.

Caroline Smith, die eine der beiden Meta-Analysen an der Western Sydney University in Australien durchführte, diskutiert verschiedene Gründe dafür, dass die aktuellen Erkenntnisse von früheren abweichen. So werden in Meta-Analysen Studien verschiedener Länder zusammengefasst, deren IVF-Praxis untereinander variieren kann. Das betrifft etwa die Zahl der durchschnittlich eingesetzten Embryonen, die Einschlusskriterien für die Studien, aber auch die Behandlungen, die rund um die IVF zur Verbesserung der Schwangerschaftsrate angewendet werden. Dazu gehört etwa das „endometrial receptivity array (ERA)“, mit dem das optimale Implantationsfenster ermittelt wird. Auch die Gesetzeslage weist Unterschiede auf, vor allem in Bezug auf die Erlaubnis zu einer Prä-Implantationsdiagnostik, die gewährleistet, dass nur euploide Embryonen eingesetzt werden, was mit einer höheren Schwangerschaftsrate einhergeht.

Ein weiterer Befund der Studie von Smith und Kolleg:innen war, dass Akupunktur nicht effektiver war als Schein-Akupunktur, ausgenommen bei den Frauen, die zuvor mehrere erfolglose IVF-Zyklen hatten. Hier verbesserten sich die Ergebnisse gegenüber den Kontrollgruppen, und zwar unabhängig davon, ob die Frauen in der Kontrollgruppe keine Behandlung oder Schein-Akupunktur erhalten hatten.

Dass Schein-Akupunktur bei der Steigerung der Schwangerschaftsraten und Lebendgeburten ebenfalls wirksam war, erklärt Smith mit Verweis auf eine Meta-Analyse, die zeigte, dass Sham-Nadeln durchaus eine Wirkung entfalten, die sowohl sensorische als auch psychosoziale Anteile hat [4].

Nicht zu unterschätzen ist der Stress und die Angst, denen Frauen durch IVF-Behandlungen ausgesetzt sind. Eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT) von Caroline Smith und Kolleg:innen konnte zeigen, dass sowohl Verum- als auch Sham-Akupunktur angstlösend wirkt. Die Patientinnen erhielten insgesamt drei Behandlungen: Eine während der Stimulationsphase, eine vor und eine nach dem ET [5]. Dies bestätigt auch eine Meta-Analyse von Hullender Rubin und Smith aus dem Jahr 2022, bei der sie zwar kleine, aber doch signifikante angstlösende Wirkungen der Akupunktur während einer IVF Behandlung fanden [6].

Das Cridenda-Magarelli-Akupunktur-Protokoll: CMAP-Protocol

Behandlungen in der Downregulations-, Menstruations- und Stimulationsphase:

  • Elektroakupunktur von Bl 23-- Bl 28, Mi 6 -- Bl 57 für 30 Minuten plus TDP-Lampe auf den unteren Rücken. 2 Mal pro Woche über ca. 5 Wochen vor dem Embryotransfer.
  • Optional: Di 4, Gb 20, Mi 9 und andere Punkte hinzufügen, die die Konstitution der Patientin behandeln.

12 bis 24 Stunden vor ET:

  • Du 20, Pc 6, Ma 29, Mi 8 und Le 3 für 25 Minuten. Dauernadeln: Rechtes Ohr: Shen Men (55) und Hirnstamm (34) / linkes Ohr: Uterus und Endokrinum (22). Die Patientin soll die Ohrpunkte während des Transfers sanft drücken.

Bis zu einer Stunde nach ET:

  • Le 4, Mi 10, Ma 36, Mi 6 über 25 Minuten. Dauernadeln rechtes Ohr: Uterus, Endokrinum (22); linkes Ohr: Shen Men (55), Hirnstamm (34). Die Patientin sollte diese Ohrpunkte während der nächsten drei Tage stimulieren und dann entfernen.

Am Tag nach ET:

  • Keine Akupunktur

Variation von Diane Cridenda für Kryo-Zyklen:

  • Balance-Methode nach Dr. Tan, ein bis zwei Tage vor und ein bis zwei Tage nach ET [7].

Bemerkung: Die Einführung von Protokollen entspringt dem Wunsch, Akupunkturbehandlungen in klinischen Studien vergleichbar zu machen. In der Praxis erzielt man die besten Ergebnisse, wenn man Protokolle lediglich als Rahmen begreift und sie an die entsprechenden Beschwerden der Patientin anpasst [8].

Referenzen:

[1] Smith CA, Armour M, Shewamene Z, Tan HY, Norman RJ, Johnson NP. Acupuncture performed around the time of embryo transfer: A systematic review and meta-analysis. Reprod Biomed Online. 2019;38(3):364–379.

[2] Xie ZY, Peng ZH, Yao B, et al. The effects of acupuncture on pregnancy outcomes of in vitro fertilization: A systematic review and meta-analysis. BMC Complement Altern Med. 2019;19(1):131.

[3] Hullender Rubin LE. Point of Influence: What is the Role of Acupuncture in In Vitro Fertilization Outcomes? Med Acupunct. 2019 Dec 1;31(6):329-333. doi: 10.1089/acu.2019.1392. Epub 2019 Dec 13. PMID: 31871519; PMCID: PMC6918533.

[4] Zhang CS, Tan HY, Zhang GS, Zhang AL, Xue CC, et al. (2015) Placebo Devices as Effective Control Methods in Acupuncture Clinical Trials: A Systematic Review. PLOS ONE 10(11): e0140825. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0140825

[5] Smith CA, de Lacey S, Chapman M, Ratcliffe J, Norman RJ, Johnson NP, Fahey P. The effects of acupuncture on the secondary outcomes of anxiety and quality of life for women undergoing IVF: A randomized controlled trial. Acta Obstet Gynecol Scand. 2019 Apr;98(4):460-469. doi: 10.1111/aogs.13528. Epub 2019 Jan 20. PMID: 30592302.

[6] Hullender Rubin LE, Smith CA, Schnyer RN, Tahir P, Pasch LA. Effect of acupuncture on IVF-related anxiety: a systematic review and meta-analysis. Reprod Biomed Online. 2022 Jul;45(1):69-80. doi: 10.1016/j.rbmo.2022.02.002. Epub 2022 Feb 10. PMID: 35570176.

[7] Auskunft von Dr. Sandro Graca, Irish College of TCM, Dublin.

[8] Vergleiche dazu Rosa Schnyer: "Treatment manualization does not imply a completely invariant fixed treatment protocol, but rather a well-articulated clinical frame- work that can be faithfully implemented across variations of practitioners and settings.”, zitiert aus Schnyer RN, Allen JJ. Bridging the gap in complementary and alternative medicine research: manualization as a means of promoting standardization and flexibility of treatment in clinical trials of acupuncture. J Altern Complement Med. 2002 Oct;8(5):623-34. doi: 10.1089/107555302320825147. PMID: 12470444.

Bildnachweise:
Depositphotos/AGTCM

Dr. Anne Hardy

Dr. Anne Hardy

Heilpraktikerin
Erweiterter Vorstand Medizinische Wissenschaft
Schifferstr. 59
60594 Frankfurt
hardy(at)agtcm.de
https://www.akupunktur-hardy.de

Dr. phil. Anne Hardy betreut im erweiterten Vorstand der AGTCM den Bereich „Medizinische Wissenschaft“. Die studierte Physikerin und promovierte Medizinhistorikerin arbeitete als freie Journalistin, bevor sie zur Chinesischen Medizin fand. In ihrer Praxis in Frankfurt am Main behandelt sie vor allem gynäkologische Beschwerden und Paare mit unerfülltem Kinderwunsch.

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