Ulla Blum hielt auf dem TCM Kongress Rothenburg ein ganz besonderes Praxisseminar bereit: „San Bao: Die drei Schätze Jing, Qi und Shen“ ließ die Dantian-Theorie im Qigong auf mehreren Ebenen erfahren: körperlich erspürbar, geistig vorstellbar und intuitiv erkennbar. Aus dem dazu gehörigen Artikel (und Seminar-Handout), der bereits im tiandiren-Journal Anfang 2016 erschien, veröffentlichen wir hier die Passage über das Herz und die Emotionen.
In der Vereinigung der drei Kräfte wird die Brust zum Wohnort des Qi und zum Zentrum des Menschen zwischen oben, dem Dritten Auge (Wohnort des Shen), und unten, der Mitte des Unterbauchs (Wohnort des Jing). Doch ist die Mitte der Brust auch die Mitte zwischen rechts und links. Es ist der Punkt, auf den man zeigt, wenn man mit den Händen „Ich“ sagt. Diese instinktive Mitte ist mit dem Herzen, der Kaiserin / dem Kaiser aller Organe verbunden, welches fühlt und Einheit verspricht. In der Akupunktur heißt dieser Punkt schlicht die „Mitte des Menschen“, Tanzhong (Renmai 17). Im Qigong bezeichnet er das mittlere Dantian auf der vorderen Symmetrieachse.
Das hinter dem Brustbein gelegene Herz ist der Regent über die inneren Organe, in denen die Emotionen zu Hause sind. Sie gestalten den Kontakt des Menschen mit der Welt. In der chinesischen Medizin definiert man die beweglichen Emotionen (Yang) in ihrem gesunden Zustand als verankert im substanzreichen Yin der inneren Organe (fünf Zang), wodurch zwischen Organ und Emotion ein Yin-Yang-Ausgleich stattfinden kann. Das Herz als übergeordneter Kommunikator und innerer Vermittler zwischen den fünf emotionalen Grundaussagen des Menschen, die da heißen Ärger (Leber), Freude (Herz), Sorgen (Milz), Trauer (Lunge) und Angst (Nieren) vereint alle emotionalen Impulse zu einem Ausdruck und beauftragt seinen ersten Minister, das Perikard, mit dem Ausdruck des Menschen in Richtung Welt.
Das Herz als Kaiserin / Kaiser der Organe hat in seiner Position zwischen oben, dem Kopf (Verstehen), und unten, dem Bauch (Erfahren) die Aufgabe, in Übereinstimmung mit dem Geist des Himmels (Shen) dem Menschen auf der Erde den richtigen Weg zu weisen. Doch wird Shen, der Geist, in der chinesischen Medizin als geliehene Kraft beschrieben, die uns mitgegeben nur vernommen wird, ist der Mensch äußerlich still und in sich ruhend. Anders ausgedrückt, wenn er im Unterbauch, dem Entstehungsort alles Irdischen, die drei Schätze Jing, Qi und Shen zu einer Kraft vereint.
Wie im Bild der drei weisen Affen richtet man deshalb in der Übung die Sinnestätigkeit nicht in die Außenwelt, sondern schaut, horcht und schmeckt in sich hinein. So kann sich der Geist des Himmels im Menschen niederlassen. Es heißt, er sei schreckhaft wie die Vögel, die beim ersten Anlass wieder vom Baum auffliegen, auf dem sie sich von Zeit zu Zeit niederlassen (1). So braucht der Geist die sichere Anbindung an den Körper und die Einheit der drei Schätze, um sich zu offenbaren, was der inneren Ruhe entspricht sowie dem Ausgleich von Feuer und Wasser im Menschen. Auch der Schlaf als Gegenpol zur Aktivität des Tages erfüllt diese Aufgabe. Doch im Vergleich zum Qigong oder der Meditation ist der Schlaf ein unbewusster Vorgang, den wir täglich anstreben.
In innerer Einkehr tut man dazu vorerst nichts weiter, als dem Atem, der ja schon da ist, im unteren Dantian zuzuschauen. Die natürliche Bauchatmung ist wellenartig wie das Qi und bewegt sich wie Wasser, Feuer oder Luft. Ist die Atmung an das untere Dantian gebunden, ist sie langsam, gleichmäßig und tief. In der Übung kann man diese Worte innerlich bewusst sprechen. Man nennt es „viele Gedanken durch einen ersetzen“(2), denn sowohl die Gedanken, als auch die Emotionen neigen dazu, uns nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Doch sind diese drei Worte, wieder und wieder gesprochen, Zauberworte für die Entspannung, betrachtet man dabei die Bewegungen des Atems im Innern.
Da jede Zelle im Körper vom Geist des Himmels durchdrungen ist, versteht der Körper die Worte des Geistes unmittelbar. So kommt es in der Übung zur Vereinigung der drei Schätze und zur Einheit von Bewegung (Körper: Hier ist der Körper in Stille gemeint), Atem (Qi) und Vorstellungskraft (Geist) im unteren Dantian. Dann erkennt das Herz die Weisung des Himmels in innerer Klarheit (Intuition). Wichtig dabei ist die aufrechte Haltung der Wirbelsäule, welche sitzend oder stehend, gebunden an die Erde, die drei Dantian auf einer Linie vereint, um so im Sinne eines Yin-Yang-Ausgleichs auch alle Impulse des Nervensystems zu regulieren.
Das Herz hat also zwei Aufgaben. Im Schmelzvorgang der drei Schätze, der sich im Unterbauch vollzieht, erkennt es intuitiv den richtigen Weg und es eint die fünf Emotionen zu einem Ausdruck. Himmel und Erde im Herzen verbunden, kann sich der Mensch seinem Gegenüber öffnen, ohne sich selbst zu verlieren. Deshalb ist das Herz die Mitte des Menschen.
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(1) Diverse Mitschriften Elisabeth Rochat de la Vallée
(2) Aufzeichnungen während der Ausbildung bei Jiao Guorui 1992-1994
Autorin:
Ulla Blum
Heilpraktikerin, Praxis für Akupunktur und ganzheitliche Körpertherapie (TCM)
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